Charlie Mingus - Pithecanthropus Erectus

Es war ein ganz gewöhnliches Quintett, welches am 30. Januar 1956 die Audio-Video-Studios in New York City betrat: Ein Tenor- und ein Alt-Saxophonist, ein Pianist, ein Schlagzeuger und … ja eben, ein außergewöhnlicher Mann am Bass! Nicht nur ein Instrumentalist, sondern ebenso ein einfallsreicher Komponist, Wanderer zwischen allen Jazzstilen, Arrangeur und Enfant terrible.

Die Suite "Pithecanthropus Erectus" ist unter anderem auch Programmmusik: Nach dem Erlernen des aufrechten Gangs, der vermeintlichen Überlegenheit über die Tiere, der Auszehrung, folgt die Zerstörung der Lebensgrundlagen des Menschen. Der Komponist Mingus lässt seinen Mit-Menschen/-Musikern größtmögliche Freiheit, die alle im Zusammenspiel und den Soli ausgiebig nutzen. Eingebettet in Geräusche und Soundcollagen ist das Stück Ergebnis der experimentellen Workshops. Der Gershwin-Klassiker "A Foggy Day" ist Vermittler zwischen den Jazzstilen der 1930iger und dem Freien Jazz. Und bei "Profile Of Jackie" sowie "Love Chant" fordert der Arrangeur seine Solisten bis an die Grenze ihrer Improvisationskunst.

Ein einfacher Zeitgenosse war Charles Mingus für seine Familie, Freunde und Mitmusiker mit Sicherheit nicht. Aber das tritt bei solch herausragender Musik weit in den Hintergrund. Zum Glück können wir Außenstehende die Musik dieses Genies 60 Jahre nach dem Studiodate wieder auf im Originalformat genießen.

Jackie McLean (as); J.R. Monterose (ts); Mal Waldron (p); Charlie Mingus (b); Willie Jones (dr)

Aufnahme: Januar 1956 in den Audio-Video Studios, New York City von Tom Dowd & Hal Lustig in Mono
Produktion: Nesuhi Ertegun