Eisler - Klingende Dokumente III

Eisler - Klingende Dokumente III

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Hanns Eisler - 1898-1962 - Klingende Dokumente 3
Seite 1
1
Bankenlied
Für die Rote Revue
„Wir sind ja soo zufrieden”
Berlin 1931
Text: Jean Baptiste Clement/Walter Mehrinb
Gesang und Klavier: Hanns Eisler
2
Über Hölderlin
Aus dem Gespräch mit Hans Bunge am 6. November 1961
3
Die Gesichte der Simone Machard
Aus der Bühnenmusik zu dem gleichnamigen Stück von Bertolt Brecht
a.        Der zweite Traum
Text: Bertolt Brecht
Gesang: Irmgard Arnold, Sopran
Klavier: Hanns Eisler
b.        Lied der Simone und Marsch
Text: Bertolt Brecht
Gesang und Klavier: Hanns Eisler
4
Kantate auf den Tod eines Genossen op. 64
Text: Hanns Eisler nach Ignazio Silone
a.        Die Nachricht
b.        Die Verhaftung
c.        Die Ermordung
d.        Der Nachruhm
Alf Pörschmann, Bariton
Ewald Koch, Siegfried Enders, Klarinette
Heinz Gäble, Viola
Bodo Rust, Violoncello
Dirigent: Hanns Eisler
5
Über Schönberg
Rundfunk-Interview zum zehnten Todestag
Arnold Schönbergs (13. Juli 1951)
Aufgenommen am 23. Januar 1961

Seite 2
6
Schwejk im zweiten Weltkrieg
Lieder aus der Bühnenmusik zu dem gleichnamigen Stück von Bertolt Brecht
a.        Bei der Kanone dort
b.        Kälbermarsch
c.        Als wir nach Jaromersch zogen
d.        Lied vom Kelch
e.        Deutsches Miserere
Gesang und Klavier: Hanns Eisler
7
Über Wissenschaft und Kunst
Aus dem Gespräch mit Hans Bunge am 5. Juli 1962
8
Suite für Septett Nr. 1 op. 92a
Variationen über amerikanische Kinderlieder
Mitglieder der Staatskapelle Berlin:
Friedrich-Carl Erben, Günter Blumeier, Violine
Friedrich Wilhelm Bach, Viola
Karl-Heinz Schröter, Violoncello
Peter Fremerey, Flöte
Hans Himmler, Klarinette
Karl Steinbrecher, Fagott
Dirigent: Hanns Eisler
Mitschnitt vom 18. Dezember 1956

Wer Hanns Eisler singen, dirigieren und sprechen hört, wird besser verstehen, wer er war und was er wollte: ein brillanter Musiker und bedeutender Theoretiker, mit revolutionärer Gesamthaltung lustvoll engagiert für den gesellschaftlichen und musikalischen Fortschritt. Was er in der „Kampfmusik” seit Ende der zwanziger Jahre entdeckt hatte, setzte neue Maßstäbe für die Auffassung vom Sinn der Musik und musikalischer Interpretation. Und die neue, von der bürgerlichen Musikpraxis sich deutlich unterscheidende Gesamtqualität von Komposition und Vortragsweise, in der von Arnold Schönberg geprägte Normen auf eigene Weise weitergeführt wurden, hatte die theoretische Leistung Eislers bei der schöpferischen Anwendung der materialistischen Dialektik von Marx und Lenin auf die Analyse der gesellschaftlichen und musikalischen Entwicklungswidersprüche im Kapitalismus bzw. beim Aufbau des Sozialismus zur Voraussetzung und Folge.
Hanns Eisler besaß die seltene Fähigkeit, den Interpreten seiner Werke die eigenen Intentionen sinnfällig zu machen - und zwar so, daß sie es schwer haben, diesem überzeugend realisierten Anspruch gerecht zu werden. Das läßt sich besonders an den von ihm selbst gesungenen Liedern beobachten. Keines der hier zu hörenden ist im Konzert bzw. unter besonderen Studiobedingungen aufgenommen worden. Der Komponist ist nicht als Sänger aufgetreten. Er hat den Interpreten lediglich seine Auffassung der Lieder demonstriert, und das wurde mit den gerade zur Verfügung stehenden technischen Apparaturen mitgeschnitten. Doch haben diese Aufnahmen einen unschätzbaren Wert als Interpretationsmodelle. Was Eisler an musikalischer Intelligenz, die für ihn immer zugleich eine politische ist, den Sängern vormacht, ist nicht „schön" gesungen und gespielt. Aber: obwohl er keine „Stimme” hatte und ein schlechter Klavierspieler war, ist selbst das nur angedeutete musikalische „Ungefähr” in sich stimmig:,der Sinn des Gesungenen wird mit sinnlichem Genuß bis in wesentliche Details hinein so artikuliert, daß das Lied - Singstimme wie Begleitsystem - im richtigen Gestus erklingt, sozial Bedeutsames in der Grundhaltung freundlich, höflich und leicht mitgeteilt wird, auch da, wo Grobheit und Zartheit oder derber Humor und tiefer Ernst in unmittelbar widersprüchlicher Einheit gefordert sind. Auf diese Weise sind Eislers Interpretations vorgaben zugleich Aufforderung und Herausforderung. Der Sänger erreicht etwa mit der Imitation dessen, was Eisler macht, nicht das, was ihm abverlangt wird: die eigene, der Sache angemessene musikalische Leistung, die in der notengetreuen Wiedergabe der Partitur eben nicht aufgeht. Und der Hörer, der Eislers Vortrag mit Spaß und Vergnügen zu genießen vermag, wird unbequem wie der Komponist, da er mit ihm neue, kritische Ansprüche stellt, die schwer zu erfüllen sind.
Die Aufnahme des Bankenlieds ist im Berliner Ensemble entstanden. Die Stücke aus der 1946 geschriebenen Bühnenmusik zu Brechts „Die Gesichte der Simone Machard” sind für die Aufführung in Frankfurt/ Main 1957 gemacht worden: sie sollten, auf Band gesungen, den Schauspielern Eislers Auffassung deutlich machen.
Die Aufnahmen der Lieder aus der vor allem 1957 komponierten Bühnenmusik zu Brechts „Schwejk im zweiten Weltkrieg” entstanden, als Eisler den Schauspielern des Theaters der polnischen Armee half, sich auf die bevorstehende Aufführung (1957) vorzubereiten. Die Lieder auf dieser Platte sind nur ein Teil des damals aufgezeichneten Materials. Fünf andere sind bereits veröffentlicht worden (NOVA 8 85 064. Eisler, Klingende Dokumente 2).
Das zur Vortragsweise der Lieder Gesagte gilt natürlich abgewandelt noch strenger für jene Interpretationsleistungen, die Hanns Eisler als Dirigent im Konzertsaal realisiert hat. Fällt hier auch das Provisorische fort, so tritt der authentische Anspruch der durchgearbeiteten Auffassung um so deutlicher in den Vordergrund.
Wie Hanns Eisler dialektisches Denken praktizierte, wie er komplizierte Probleme der spätbürgerlichen Musikentwicklung und der Beurteilung der inneren Widersprüchlichkeit der modernen Komponisten jener Epoche theoretisch bewältigte, zeigt sich - ähnlich wie auf den bisherigen Dokumentarplatten - auch im vorliegenden Rundfunk-Interview zum zehnten Todestag von Arnold Schönberg. Da er zwischen den weltanschaulich-ideologischen, den politischen Äußerungen Schönbergs einerseits und den ästhetisch-künstlerischen Gehalten seiner Kompositionen andererseits differenzierte, konnte er bei aller Kritik an der kleinbürgerlichen Ideologie seines Lehrers, trotz aller prinzipiellen Distanzierung vom bürgerlichen Individualismus, von der Psychologisierung der Musik die darin artikulierten bedeutenden inhaltlich-ästhetischen und musikalisch-technischen Neuerungen durchaus als musikhistorisch bleibende Leistung positiv beurteilen und kritisch aneignen. So gehörte Arnold Schönberg für Hanns Eisler selbstverständlich zum musikalischen Erbe. Sein differenziertes Schönberg-Bild hatte er im wesentlichen seit den zwanziger Jahren. Er hielt daran fest in der sogenannten „Expressionismusdebatte” der dreißiger Jahre wie auch in der Zeit Ende der vierziger, Mitte der fünfziger Jahre. Besonders in jener Zeit war Schönberg im Zeichen einer vulgär soziologischen, undialektischen Vorstellung von der Krise der spätbürgerlichen Gesellschaft und Ideologie einseitig abgewertet, mechanisch der Dekadenz zugeschlagen und als musikhistorisch unbedeutend abgetan worden. Eisler vertrat eine andere Auffassung und versuchte, durch sachkundige Argumentation einen Beitrag dazu zu leisten, daß die bloße Ablehnung, von der man nichts lernen kann, durch eine wirklich kritische Aneignung abgelöst werde. Seine Auffassung, die er am 17.12.1954 in der-Akademie der Künste zu Berlin vorgetragen hatte (vollständig nachzulesen in „Materialien zu einer Dialektik der Musik”, Leipzig 1973, S. 321 -=-344), ist damals auf Widerspruch gestoßen (vgl. „Musik und Gesellschaft”, Heft 7 und 9/1955 sowie die Entgegnung der Akademie der Künste im Heft 11/1955). Sie hat sich in der DDR inzwischen durchgesetzt Das beweisen die anläßlich der Ehrungen zum 100. Geburtstag Schönbergs 1974 von Kompo-. nisten und Theoretikern geäußerten Urteile sowie die erfolgreiche Aufführung solcher bedeutender Werke wie „Moses und Aaron”.
Auch im Gesprächsausschnitt „Über Kunst und Wissenschaft” zeigt sich der theoretische und politische Wert der materialistisch-dialektischen Denkweise für die marxistische Kunstauffassung. Es ist vor allem die Anwendung dieser Methode auf die jeweiligen konkret-historischen Bedingungen, die als Resultat der geschichtlichen Dialektik begriffen werden. Ändern sich die gesellschaftlichen Verhältnisse, die objektiven und subjektiven Bedingungen für die Künste und in den Künsten, so muß sich die Kunsttheorie darauf einstellen. War Eislers Konzeption der „angewandten Musik” (vgl. NOVA 8 85 093) bereits seit den dreißiger Jahren im Zeichen der Synthese von sozialer, wissenschaftlich-technischer und musikalischer Revolution ausgearbeitet worden, so begann er unter dem Eindruck der sich abzeichnenden neuen Umwälzungen in der gesellschaftlichen Praxis wie in den Denkmethoden „neue Kunsttheorien'' zu entwerfen, in denen die bisherigen Grundpositionen auf die Höhe der neuen geschichtlichen Anforderungen gehoben werden sollten. So versuchte er der Gefahr zu begegnen, daß ehemals progressive Konzeptionen durch gesellschaftlich ungenügend entwickelte Selbstkritik konservativ und damit zum Hemmschuh des notwendigen Fortschritts werden. Was Eisler hier äußert, ist nur „angedacht'', skizzenhaft entworfen. Er war sich des experimentierenden Charakters dieser Ideen voll bewußt. Aber so wenig ausgearbeitet dieser Ansatz einer neuen Kunsttheorie auch ist, so wichtig ist Eislers Orientierung auf das „Vorwärts-Denken” (ohne Geringschätzung der gegenwärtigen Verpflichtungen), so aktuell und anregend ist seine Grundhaltung, die als Konsequenz der revolutionären Umwälzungen unserer Epoche neu sich abzeichnenden gewaltigen Änderungen mit Vergnügen kommen zu sehen - und nicht mit Furcht vor den Anstrengungen des Umdenkens.
Zudem zeigt Eislers tastender Vorgriff auf die Zukunft, daß sein waches, politisch akzentuiertes Bewußtsein vom „wissenschaftlichen Zeitalter” (Brecht) und einer diesem entsprechenden Kunstauffassung sich auf ein tiefes Verständnis für die spezifischen Leistungsmöglichkeiten der Kunst gegenüber der Wissenschaft gründet. Das wird - scheinbar paradox - besonders deutlich im Gespräch über Hölderlin.
In Eislers improvisiertem Erfahrungsbericht kann der komplizierte Vorgang einer schöpferischen Erbe-Aneignung von sozialistischen Positionen aus geradezu exemplarisch nachvollzogen werden. Die Lebenserfahrung des Kommunisten, seine Gesamthaltung gegenüber der Wirklichkeit, sein Bewußtsein von den gegenwärtigen Entwicklungswidersprüchen - all das erfüllt die Schönheit der Verse Hölderlins mit einer neuen Bedeutungsfülle, in der die ursprünglich darin artikulierten Gehalte - der neuen historischen Erfahrung entsprechend - aufgehoben sind. Die alle Lebensäußerungen, auch das Verhältnis zur Natur bestimmende politische Grundhaltung tut der Schönheit, dem ästhetischen Genuß keinen Abbruch. Im Gegenteil. So sollte man Lyrik lesen! Es sei darauf verwiesen, daß hier nur ein Ausschnitt aus dem Gespräch wiedergegeben wird. Der gesamte Text enthält eine Fülle weiterreichender Bezüge (vgl. Hanns Eisler, Schriften, Band 7, Leipzig 1975).
Hanns Eisler rezipiert Hölderlin zudem als Kunstproduzent. Dieses Gespräch ist ein Musterbeispiel für das, was er hinsichtlich der Textwahl und -behandlung unter Intelligenz in der Musik verstand: kritische Aneignung mit wachem Sinn für das sozialhistorisch Wesentliche. Und zugleich wird die spezifische Qualität dessen greifbar, was gemeinhin „künstlerische Methode” genannt wird. Das, was im relativ spontanen Prozeß der ästhetischen Aneignung zwischen Ahnen und Wissen wechselseitig sich vollzieht, bewußt wird, ist nicht die bloße Anwendung einiger Prinzipien, nicht das längst Gewußte, auch nicht die einfache „künstlerische Umsetzung" des Gewollten. Es ist vielmehr eine eigentümliche Weise der Verallgemeinerung von individuell gemachter gesellschaftlicher Erfahrung, eine unersetzbare Qualität von Denkprozessen, die vom Erkenntnismodell der Wissenschaft her allein nicht zu begreifen ist, daher auch nicht ausschließlich daran gemessen werden kann. Hanns Eisler hat seinen Hölderlin-Text aus einem vierzigzeiligen Gedicht verändernd zusammengestellt, komponiert und unter dem Titel „Komm ins Offene, Freund” in sein letztes Werk, die „Ernsten Gesänge" (vgl. NOVA 8 85 064. Eisler, Klingende Dokumente 2) aufgenommen - folgend auf ein Stück, das er „XX Parteitag" genannt hat

Herausgeber: VEB DEUTSCHE SCHALLPLATTEN BERLIN DDR
Made in German Democratic Republic
In Zusammenarbeit mit dem Hanns-Eisler-Archiv der Akademie der Künste der Deutschen Demokratischen Republik
Wissenschaftliche Berater: Dr. Jürgen Elsner, Dr. Günter Mayer
Autor der Einführung: Dr. Günter Mayer
Foto: Hans Hauska
Gestaltung: Christoph Ehbets

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ArtikelnummerNova 8 80 098
ProduktnameEisler - Klingende Dokumente III
Preis24,90 €
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InterpretVarious
Name - TitelEisler - Klingende Dokumente III
LabelAndere
MedientypLP / Vinyl 12"
Vinylgewicht pro Schallplatte140 gramm
Anzahl der Platten1
BeilagenKeine
Release-Datum1975
Allgemeiner PlattenzustandGebraucht
Zustand TonträgerVery Good + (Sehr gut)
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