Frank Wess, Roland Hanna, Georg Mraz & Richard Pratt
Frank Wess, Roland Hanna, Georg Mraz & Richard Pratt
Frank Wess, Roland Hanna, Georg Mraz & Richard Pratt
Amiga Jazz Serie
FRANK WESS - ROLAND HANNA
Seite 1
Surge
Komposition: Frank Wess
Placitude
Komposition: Frank Wess
Big Bad Henry
Komposition: Roland Hanna
Seite 2
87th Street
Komposition: Richard Pratt
What, Does It Matter?
Komposition: George Mraz
Tee Piece
Komposition: Roland Hanna
Frank Wess (flutes, r) Roland Hanna (p) George Mraz (b) Richard Pratt (dr)
rec. 19. 2. 1977 New York
Übernahme von ENJA Records, München/BRD
Wer diese Schallplatte auflegt, erspart sich das Nachschlagen in Enzyklopädien nach einer Erläuterung des Begriffs „Mainstream". Die Musik dieser Gruppe (die sich „New York Jazz Quartet" nennt) folgt eben jenem „Hauptstrom" des Jazz, jenem geradlinigen Weg aus der Tradition in die Gegenwart, der mit all dem gepflastert ist, was sich seit New Orleans ereignete.
Der Extrakt aller einstmals revolutionär anmutenden musikalischen Neuerungen floß in den Mainstream, den „Stil über den Stilen" — an seiner Entwicklung wird der revolutionäre Charakter der Jazzgeschichte deutlich.
Was avantgardistische Oldtime-, Swing-, Bebop- Cool-, Hardbop-, Latin- oder Rockjazz-Pioniere etwa bis zum Evolutionssprung des Freejazz erspielten, wird vom Mainstream in der Gegenwart aufgehoben — so wie sich die unterschiedlichsten Quellflüsse untrennbar zu einem Strom vereinen. (Eine weitere Parallele: um sich am Hauptstrom erfreuen zu können, ist eine Kenntnis seiner vielgestaltigen Herkunft nicht unbedingt erforderlich.)
Für wen die Avantgarde das Maß aller Dinge ist, der findet sicherlich auf dieser Schallplatte „wiedermal nichts Neues". Das New York Jazz Quartet bietet in der Tat nur Vertrautes — inzwischen Vertrautes. Die Vorbehalte vieler Avantgarde-Fans mögen manchmal begründet sein: wer kennt nicht jene endlosen Mainstream-Sessions, jene unverbindlichen Thema-Chorus-Thema — Abfolgen, in welchen die Musiker mit spekulativen Reminiszenzen nicht den Extrakt, sondern die Klischees aus der Jazzgeschichte filtern.
Eventuelle Befürchtungen dieser Art spielt das New York Jazz Quartet vom ersten Takt dieser Platte an über den Haufen — mit Vitalität, Geschmack und virtuosem Musikanten-tum, welches höchsten Ansprüchen genügt.
Der Pianist Roland Hanna (10. 2. 32) war schon 1960 an Aufnahmen mit Charles Mingus beteiligt (siehe Amiga 8 55 496). Von 1967 bis 1974 gehörte er zum Thad Jones-Mel Lewis Orchestra, mit dem er während ausgedehnter Europa-und Japan-Tourneen im Jahre 1972 auch die Sowjetunion bereiste. Aufnahmen mit Lionel Hampton, Elvin Jones, Freddie Hubbard, Stephane Grappelly und Gene Ammons, dazu Solokonzerte und eine längere Zusammenarbeit mit dem Saxophonisten Zoot Sims, aber auch seine Mitwirkung bei einem Ausbildungsprogramm für junge Studenten in Afrika weisen auf die Interessenvielfalt und das breite stilistische Spektrum des Pianisten hin. Auch auf dieser Platte bietet er einen ganzen Katalog: vom rhapsodischen, romantischen Balladenspiel über Bebop-Phrasierung zu bluesigem Funky — besonders wirkungsvoll reiht er in „Tee Piece" pianistische Bravourleistungen aneinander.
Wie Hanna war auch Wess im Jahre 1974 Gründungsmitglied des Quartetts. Frank Wellington Wess (4.1.22), in den fünfziger Jahren Mitglied der Count Basie-Band, wurde zunächst als Tenorist der Coleman Hawkins-Schule (siehe Amiga 8 50 076), aber auch als Altsaxophonist und als einer der ersten modernen Jazz-Flötisten bekannt. Als er Basie im Jahre 1964 verließ, konnte er auch auf Aufnahmeerfahrungen mit Buddy Rieh, Thad Jones, Elvin Jones und dem Mal Waldron-John Coltrane-Sextett zurückblicken. Wess wurde ein vielbeschäftigter Studiomusiker New Yorks, der sich auch als Lehrer und Autor einer Jazz-Flötenschule einen Namen machte und bis zur Gründung des New York Jazz Quartet mit namhaften Musikern tourte und produzierte — so ist er auch auf den 1968er Aufnahmen des Jazz Composers Orchestra zu finden.
Als Multiinstrumentalist steuert Wess diesem Album konträre Klangfarben und Ausdrucksmittel bei. Sein lyrisches bis aggressives Flötenspiel sowie seine meisterliche Beherrschung der selten zu hörenden Baßflöte verdienen ebensolche Beachtung wie die unterschiedliche Idiomatik seiner Tenor- und Sopranspielweise. Pendelt er auf dem Tenor zwischen der Coleman Hawkins- und der Lester Young-Schule, so ist seine originelle Sopran-Stilistik keiner der drei stilbildenden Schulen John Coltrane, Wayne Shorter oder Steve Lacy zuzuordnen.
Die Rhythmiker des New York Jazz Quartet haben einige-male gewechselt. Bassist Ron Carter und Drummer Ben Riley waren anfänglich dabei, dem 1979er Quartett gehörten Bassist Sam Jones und Schlagzeuger Grady Täte an. Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme stand Jiri .George' Mraz (9. 9. 44) am Baß. Dieser aus der Tschechoslowakei stammende Musiker gehört mit dem Dänen Niels-Henning Orsted-Pedersen zu den wenigen europäischen Bassisten, die auf Grund ihrer Fähigkeiten im Walking-Baß-Stil von einer Vielzahl amerikanischer
Spitzenmusiker immer wieder zu Tourneen und Aufnahmen herangezogen werden. Nach seinem Studium am Berklee College of Music spielte Mraz u. a. mit Dizzy Gillespie, Oscar Peterson und Ella Fitzgerald, gehörte vier Jahre lang dem Thad Jones-Mel Lewis Orchestra an, trat mit Stan Getz beim Warschauer Jazz Jamboree 1974 auf und produzierte mit Musikern wie Buddy de Franco, Zoot Sims, Jon Faddis, Stephane Grappelly, Bobby Jones und Tommy Flanagan.
Am Beispiel des unbekannten Schlagzeugers Richard Pratt wird die quantitative und qualitative Breite der amerikanischen Jazzszene deutlich. Der Name des ehemals professionellen Baseballspielers und späteren Broadway-Show-Trommlers ist tatsächlich in keinem Jazzlexikon verzeichnet, auch findet sich in den einschlägigen Discographien nur der Hinweis auf diese eine Plattenproduktion — dennoch zeigt sich Pratt hier hörbar als erstklassiger und vollkommener Drummer. Vom unprätentiösen Geradeausmarschieren in seiner Blueskomposition „87th Street" über subtile Besenarbeit in der Ballade zu losfetzendem Swingen, brodelndem Bossa-nova und komplexer Rock-Vielfalt reicht sein rhythmisches Spektrum.
Das New York Jazz Quartet spielt Blues, Swing, Bebop, Balladen, Rock- und Latinjazz —und bietet darüber hinaus etwa durchaus nicht Alltägliches: Musik für Kopf und Beine.
Rolf Reichelt (1979)
Artikelnummer | Amiga 8 55 718 |
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Produktname | Frank Wess, Roland Hanna, Georg Mraz & Richard Pratt |
Preis | 24,90 € |
Lieferzeit | Im Schallplattenladen Stralsund |
Interpret | Frank Wess, Roland Hanna, Georg Mraz & Richard Pratt |
Name - Titel | Frank Wess, Roland Hanna, Georg Mraz & Richard Pratt |
Label | AMIGA |
Medientyp | LP / Vinyl 12" |
Vinylgewicht pro Schallplatte | 140 gramm |
Anzahl der Platten | 1 |
Beilagen | Keine |
Release-Datum | 1979 |
Allgemeiner Plattenzustand | Gebraucht |
Zustand Tonträger | Very Good + (Sehr gut) |
Zustand Cover | Very Good + (Sehr gut) |
Plattenreinigung | Reinigung mit Plattenwaschmaschine Double Matrix Professionel Sonic (Clearaudio) |